Digital Detox Experiment: mein Monat ohne Facebook
Facebook, Twitter, Instagram, zur Entspannung und für etwas Ruhe ab und an Google+ (ok, sorry Google, der war gemein) und immer wieder Facebook.
Social Media Nutzung ist über die letzten Jahre ein fester Teil meines Lebens geworden.
Im beruflichen Umfeld ist der Umgang mit Social Media Kanälen unverzichtbar, wenn es darum geht, bei thjnk oder Finc3 Kunden bestmöglich dabei zu unterstützen, auf diesen Kanälen ihre Marketingziele zu erreichen. Wir pflegen für Kunden Facebook-Profile, unterstützen sie im Community Management und setzen Social Advertising Kampagnen für sie um. Facebook ist hier primär ein Arbeitstool, das mir hilft, meinen Job möglichst gut zu machen.
Im privaten Kontext ist Facebook für mich...ja, was eigentlich? Diese Frage habe ich mir in der Vergangenheit immer wieder gestellt. Zum einen ist es für mich ein Kommunikationskanal.
Über den Facebook Messenger bleibe ich mit vielen Freunden aus der ganzen Welt in Verbindung, wobei ich feststelle, dass sich diese Kommunikation immer stärker zu Whatsapp verlagert, seit hierfür der Web-Client existiert, über den ich auch vom Rechner kommunizieren kann und deutlich einfacher Nachrichten versenden kann als beim Versand über das iPhone.
Aber auch ohne aktive Kommunikation durch direkte Nachrichten hilft mir Facebook, am Leben vieler Freunde Anteil zu haben und auch ohne den täglichen persönlichen Kontakt zu wissen, welche Themen sie bewegen und was sich in ihren Leben tut, auch wenn dies den persönlichen Kontakt natürlich nicht ersetzen kann.
Dazu ist Facebook für mich eine sehr relevante Quelle für Nachrichten und Informationen gewonnen.
Breaking News: entdecke ich immer häufiger in meinem Facebook Newsfeed als erstes.
Eine Nachricht aus der Hockey-Welt erreicht mich meistens über die Facebook-Profile der deutschen oder internationalen Hockey-Verbände, sei es direkt oder sei es, weil Freunde es sharen.
Branchen-News aus der Online Marketing Welt sehe ich fast immer bei Facebook (oder Twitter) bevor mich mehrere Stunden später die täglichen Newsletter erreichen.
Und zuletzt ist Facebook immer mehr auch ein Entertainment-Kanal geworden, der viele, vielleicht zu viele Möglichkeiten der kurzen Ablenkung, Unterhaltung und Zerstreuung zwischendurch bietet.
Freunde posten lustige Kommentare, endlos viele Facebook Pages teilen mehr oder weniger witzige Bilder und das Angebot an Video-Content scheint geradezu zu explodieren.
In Zahlen sieht meine Facebook-Nutzung dann so aus:
621 Facebook-Kontakte
157 hochgeladene Fotos
47 Sportler und Sport-Teams, denen ich folge
344 Orte in 61 Städten, in denen ich eingecheckt habe
Mitglied in 17 öffentlichen und deutlich mehr privaten Gruppen
11 verwaltete Facebook-Pages
mehrere hundert Nachrichten-Threads
Soweit so gut.
Einige Zahlen haben mich vor einigen Wochen dann aber doch erschreckt.Ich hatte gerade das Buch „Digitaler Burnout: Warum unsere permanente Smartphone-Nutzung gefährlich“ bestellt. Natürlich waren mir die Risiken des „always on“ schon vorher bewusst. Nicht ohne Grund habe ich zwei Telefone, um am Wochenende das Firmenhandy bewusst ausschalten zu können und keine beruflichen eMails zu bekommen. In Urlauben lebe ich gerne total offline und verzichte im Skiurlaub beispielsweise auch einmal komplett auf digitale Medien.
Die Insights in dem Buch vom Alexander Markowetz haben mich dann aber dazu gebraucht, meine Smartphone- und Social-Media-Nutzung noch einmal gezielt zu hinterfragen. Die Erkenntnis: jeden Tag habe ich mich weit über ein Dutzend mal in den verschiedenen Social Networks eingeloggt. Ganz vorne dabei bei mir ist Facebook.In dem Zusammenhang habe ich mir ein paar Fragen zu meinem eigenen Social Media-Verhalten gestellt.
Wie kommuniziere ich hier aktiv (Was poste ich in welcher Frequenz? Welche meiner Postings sind eigentlich relevant und welche auch nicht?)?
Wie nutze ich Facebook passiv (wie häufig nutze ich Facebook, warum logge ich mich ein, welchen Seiten folge ich und wieviel Zeit verbringe ich hier mit welchem Nutzen)?
Und das Ergebnis?
Ich hatte keines. Ich konnte mir einige dieser Fragen selber nicht mehr beantworten und wusste nur eines: Ich verbringe zu viel Zeit bei Facebook, Twitter und Co.
Nicht, weil diese Kanäle nicht viel Nutzen für mich haben, sondern eher weil ich sie zu oft auch nutzlos nutze und mich nicht auf den echten Vorteil dieser Kanäle konzentriere.
Relativ spontan habe ich dann für mich Ende September zu einem Monat „Digital Detox“ beziehungsweise Facebook-Abstinenz entschieden.Ich wollte wissen:
Was fehlt mir? Verpasse ich etwas? Vermisst jemand meine Postings?
Gesagt, getan.
Die Facebook-App vom Handy gelöscht.
Das Passwort für den Browser geändert und dafür gesorgt, dass ich es erst nach 4 Wochen wiederbekomme.
Bye bye, Facebook. Hello, real world!
Und nun?
Die ersten zwei, drei Tage fühlen sich schon arg seltsam an. Mindestens 10x pro Tag erwische ich mich, wie ich am Rechner sitze und wie in einem Automatismus ein neues Browser-Tab öffne, um Facebook zu öffnen, aber an der Login-Page scheitere. Fühlt sich komisch an. Ich fühle mich ein wenig amputiert. Mir fehlt ein Kommunikationskanal. Ich habe das Gefühl, es könnten gerade in New York wieder Flugzeuge in Hochhäuser fliegen und ich würde es erst sehr viel später mitbekommen. Ich entdecke interessante Inhalte oder lustige Videos, die ich gerne mit meinem Netzwerk teilen würde, was auf einmal nicht mehr funktioniert.
Bei jedem gescheiterten Login-Versuch in den ersten Tagen denke ich darüber nach, was mir nun eigentlich entgeht. Und was sich in den ersten drei Tagen noch vor allem nach Entzug anfühlt, wandelt sich nach den ersten Tagen in Entspannung und stärkeren Fokus. Auch in den nächsten 4 Wochen meines Experiments gibt es immer wieder Situationen, in denen mir viele der nützlichen Features und Vorteile von Facebook fehlt. Was aber schneller als erwartet verschwindet, ist der Automatismus, mit dem ich mich einzuloggen versuche.
Was am meisten nervt: bei endlos vielen Online-Portalen habe ich über die letzten Jahre den Social-Login genutzt, um mich über meinen Facebook-Account zu identifizieren und anzumelden. Auch auf Spotify, Airbnb und Co habe ich ohne meinen Facebook-Account keinen Zugriff bzw. nur über Umwege.
Mein Fazit:
Über die vier Wochen bleibt das Gefühl, einige Dinge zu verpassen oder erst später zu erfahren. Ich verpasse zwei Veranstaltungen, zu denen ich bei Facebook zugesagt habe ohne sie mit meinem Kalender zu synchronisieren. Ich vergesse garantiert eine Reihe von Geburtstagen (sorry dafür!), an die mich Facebook ansonsten erinnert hätte.Und auch die Kommunikation mit Freunden und Bekannten verändert sich in diesen Wochen. Von einigen bekomme ich in der Zeit einfach nichts mit, mit anderen telefoniere ich wieder häufiger oder sie melden sich per SMS und Whatsapp bei mir.
Und (was keine wirkliche Überraschung ist): den wenigsten ist die Facebook-Abstinenz wirklich aufgefallen und niemand hat irgendwelche Beiträge wirklich vermisst.
Die Konsequenz für mich:
Natürlich werde ich Social Media weiterhin nutzen. Die Vorteile und Möglichkeiten sind toll uns faszinieren mich jeden Tag aufs Neue.Ich werde aber meine aktive Nutzung (was poste ich wann und wieso?) noch genauer überdenken und auch ansonsten stärker darüber nachdenken, wann und warum ich mich hier einlogge und ob es wirklich gerade einen Nutzen hat oder doch eher Zeit verbrennt. Denn wie bei fast allem, was Spaß bringt, ist auch hier das richtige Ausmaß wichtig.