Bloomy Days geht insolvent - und jeder hat es (mal wieder) besser gewusst
Es war am Mittwoch gegen 17 Uhr als ich den Facebook-Post entdeckte, der mich den Rest des Tages beschäftigen sollte.
Franzi von Hardenberg, Gründerin von Bloomy Days, machte in einem sehr ehrlichen, offenen Brief das öffentlich, was für viele Mitglieder der Berliner Gründerszene vermutlich überraschend kam und viele betroffen machen dürfte: Bloomy Days hat Insolvenz angemeldet, eine lange vorbereitete Finanzierungsrunde ist offenbar kurzfristig geplatzt.
Franzi und ich kennen uns schon seit etwa 20 Jahren aus der Schule, lange bevor wir beide den Weg in die Gründerwelt angetreten sind.
Wir sind uns immer wieder über den Weg gelaufen, haben Erfahrungen ausgetauscht und haben mit Navinum und Bloomy Days zum Teil auch die gleichen Venture Capitalists als Investoren.
Die traurige Nachricht machte mich daher persönlich betroffen, sie hat mich aber auch inhaltlich überrascht. Im ersten Reflex griff ich zum Telefon um Franzi anzurufen, ihr Mut und Trost zuzusprechen - da ich ahnte, was gerade auf sie und ihr Team einprasselt und wie sie unter Stress stehen wird, entschied ich mich lieber für eine Sprachnachricht per WhatsApp. Ich hatte sie gerade abgeschickt, als mir noch ein Nachsatz einfiel, den ich nicht unter den Tisch fallen lassen wollte und hinterherschickte:
So gut mein Ratschlag gemeint war, die Neider, Schadenfreudigen und Besserwisser einfach links liegen zu lassen, so kurz hat er dann doch nur gehalten.
Schon kurz nach Veröffentlichung von Franziskas Brief griff die Gründerszene das Thema auf und es dauerte nicht lange, bis sich dutzende Kommentare unter dem dazugehörigen Facebook Post sammelten, die in der Mehrheit eben voller Schadenfreude, Häme oder vermeintlich besserem Wissen sind. Und auch zwei Bier und ein Steak später, beschäftigen sie mich immer noch sehr.
Woran liegt es, dass bei aktuell über 40 Kommentaren (Stand Mittwoch 22:07) kaum ein positiver, Beitrag dabei ist, der anerkennt, welchen Mut Franzi vor einigen Jahren aufgebracht hat, ihren sicher gut bezahlten Job bei Rocket Internet aufzugeben, um ihren Traum zu verfolgen und umzusetzen? Kein Kommentar, der Mut macht, aufmuntert und auch mal sagt „Hey, Shit happens. Toll, was Ihr gewagt habt - und noch ist nichts verloren.“?
Immer wieder gucken wir in die USA, wo Investoren besonders gerne in Gründer investieren, die schon einmal beim Versuch, ein Unternehmen aufzubauen, gescheitert sind. Eben, weil sie wissen, welcher Mut dazu gehört. Weil sie sehen, wieviel stärker und erfahrener eine solche Krise einen als Unternehmer macht. Und weil sie wissen, dass Not oft erfinderischer macht als jede Möglichkeit.
Auf jeder Konferenz, in fast jedem Artikel über die StartUp-Branche und in vielen Gesprächen hören wir, dass auch Deutschland eine bessere Kultur des Scheiterns brauche. Und mein Gefühl war, wir sind da auch auf einem guten Weg, zu dem vor knapp zwei Jahren ja auch FDP-Chef Christian Lindner, selber gescheiterter Startup-Gründer, im Landtag von NRW beigetragen hat.
Ich hatte tatsächlich das Gefühl und die Hoffnung, dass wir mehr und mehr unseren Umgang mit Scheitern verändern. Dass eine Gesellschaft versteht, dass nicht jedes unternehmerische Projekt erfolgreich sein kann. Dass aber viele der erfolgreichen Firmen niemals das Welt erblicken würden, wenn wir das Risiko stets höher hängen als die Chancen und wenn wir den gescheiterten Unternehmer (by the way: Bloomy Days ist sicher noch nicht endgültig gescheitert) stigmatisieren und mit Häme überschütten.
Doch nach dem, was ich in den letzten Stunden hierzu gelesen habe, frage ich mich, ob diese Wahrnehmung eigentlich stimmt oder ob ich da gefangen bin in der Filterbubble aus Startup-Unternehmern, die sich all das nur gegenseitig einreden, während das Gros unserer Gesellschaft vielleicht doch noch bei Weitem nicht an diesem Punkt ist - was schade und gefährlich wäre. Denn wenn wir die Chancen, die sich auf so vielen Ebenen durch Digitalisierung gerade bieten, nicht nutzen, drohen wir, von anderen Nationen überholt zu werden und das kann niemand wollen.
Der Umkehrschluss darf und sollte natürlich nicht sein, blindlings und unvorbereitet jedes unternehmerische Abenteuer anzugehen. Natürlich ist es gut, jeder Klippe, die man im Vorfeld schon erkennen und umschiffen kann, auch auszuweichen. Wir müssen aber anerkennen, dass in einer digitalen Welt, die sich jeden Tag verändert, nicht alles über Jahre vorhersehbar, plan- und kalkulierbar ist.
Liebe Franzi, wir laden Dich schon heute hiermit herzlich ein in den Online Marketing Rockstars Podcast, um da, wenn der richtige Moment gekommen ist und Du all’ die jetzt anstehenden Dinge hinter Dich gebracht hast, einmal aus dem "Auge des Orkans" zu berichten, Deine Erfahrungen zu teilen und vielleicht dadurch wieder ein paar mehr Menschen dazu zu kriegen, anders über schief gegangene Projekte und Fehler nachzudenken. Den richtigen Zeitpunkt für den Podcast bestimmst ganz alleine Du.
Bis dahin wünsche ich Dir und Deinem Team die notwendige Ruhe, Kraft und Unterstützung, die notwendig ist, das Leck geschlagene Schiff Bloomy Days vielleicht doch wieder auf Kurs zu bringen. Und ich wünsche Dir, dass Du Dich nicht entmutigen lässt und ein Vorbild bleibst für andere Gründer, die gerade am Anfang ihrer unternehmerischen Reise stehen und leider die Chancen sehen als das Risiko.
P.S.: So geht man mit Scheitern um: